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Fernsehen interaktiv: Fehlschlag mit MHP

MHP-Logo Eigentlich eine schöne Idee, die vom DVB-Projekt ausging. Man wollte Schluß machen mit proprietären Boxen. Die MultiMedia Home Platform (MHP) wurde vom DVB-Projekt als gemeinsames Betriebssystem für alle Empfangsgeräte, als gemeinsame Plattform für alle Anwendungen und Zugangsverfahren entwickelt. Darüberhinaus sollte auch die Verkopplung des Fernsehens mit begleitenden Inhalten über den Sendeweg möglich werden. „MHP ist, wenn man nur eine Settopbox braucht und damit alle Programme und neuen Diensten empfangen kann“, freute sich damals die Deutsche TV-Plattform.

Das wurde 2002 in Deutschland mit dem Slogan „Fernsehen zum Mitmachen“ beworben. Besonders stark machten sich dafür ARD, ZDF und RTL. Sogar die seinerzeit noch existente Kirch-Gruppe kündigte eine Anpassung ihrer D-Box an.

Interessantes gab es da zu sehen: Kanal- und anbieterübergreifende EPGs, Zuschauervotings, clickbare Hotspots im Bild (interessant für die Werbewirtschaft) usw. Auch das längst fällige Ende des Klötzchen-Teletextes wurde orakelt. Der gravierende Nachteil bestand allerdings darin, dass die Daten für die Zusatzanwendungen auf dem digitalen Sendeweg (also DVB-S, -C, -T) transportiert werden mussten. Das bedeutete, dass die Übertragungskapazitäten für Bild und Ton - die Fernsehhauptsache - erheblich eingeschränkt wurde.

Zu diesem technischen Manko kam das Unvermögen, den Zuschauern die neuen Möglichkeiten - den Mehrwert von MHP - begreiflich zu machen. So bekannten sich 2001 zwar öffentlich-rechtliche Anstalten und Private in der „Mainzer Erklärung“ zur MHP. Aber schon bald darauf stieg RTL aus dem Thema aus. Das ZDF nahm 2007 seinen MHP-Digitext von der Antenne (und später auch von den anderen Verbreitungswegen) und sendete statt dessen lieber ein viertes statt der bis dahin drei TV-Programme über DVB-T. Genauso beim Zuschauer unbekannt geblieben verschwand das ARD/RBB-Portal unbemerkt aus dem DVB-T Angebot in Berlin.

Ob die letzten MHP-Anwendungen (des Bayerischen Rundfunks) 2009 noch in der Luft sind oder nicht, fällt niemandem auf. Denn es gibt in Deutschland nur wenige MHP-Geräte (für DVB-T wesentlich nur von einem Hersteller). Hierzulande wurden, alle drei Sendewege zusammen genommen, kaum fünfstellige Verkaufszahlen für MHP-fähige Settopboxen und Fernseher erreicht.

Auch Förderung hilft nur begrenzt

Durchsetzen konnte sich die MultiMedia Home Platform letztenendes nur in Ländern, in denen der Kaufpreis für die Geräte bezuschußt wurde. Und auch das nur mit Einschränkung. Förderungen für DVB-T Geräte mit MHP gab es u.a. in Italien und Österreich. In der Alpenrepublik sendete der ORF bis Juni 2011 seinen MHP-MultiText nur über DVB-T. Damit wurde dort der geringste Teil der Möglichkeiten von MHP - ein grafisch neu konzipierter Videotext mit Programminfos, Nachrichten,
MHP: Tickerzeile (BR)







MHP: Sportanwendung (ZDF)






MHP: J.Kachelmann präsentiert das ARD-Wetter







MHP: Einstiegsseite zum RTL-EPG






MHP-Anwendungen: News-Ticker des BR, Fußball-EM 2004 beim ZDF, Kachelmanns Wetter (ARD), EPG von RTL (von oben).

MHP: Portalseite von ORF OK






Startseite des ORF OK Portals
Fotos: Sender, dehnmedia.
Flugplänen usw. - gestaltet. Bis Ende 2010 wurden dank der Förderung immerhin etwa 210.000 MHP-Settopboxen für Antenne in den Markt gepumpt. Der Privatsender ATV hatte sein MHP-Angebot bereits im Januar 2009 gestoppt.

In Italien sollen Ende 2010 9,5 Mio. (2008: 8,8 Mio.) DVB-T/MHP-Geräte im Gebrauch sein. Wie stark die MHP-Komponente wirklich genutzt wird, ist nicht bekannt.

TV-Hersteller mit proprietären Webzugängen

Ab etwa 2007/2008 gehen die Gerätehersteller neue Wege. Schnelle Internetzugänge machen Fernsehen und Video aus dem Web interessant. Um die „Couch Potatoes“ vor den - nun auch aus dem Internet zu speisenden - Fernseher zu locken, werden HDTV-Flachdisplay und LAN-Anschluß kombiniert. Die Hersteller gingen zunächst eigene technische Wege und beschränken die Internetnutzung zumeist auf Vertragsapartner mit Videoangeboten wie YouTube & Co. Die meisten üblichen Webinhalte sind - schon wegen der gänzlich anderen Bedienungsweise und der Bildparameter - für die Darstellung am Fernseher und die Navigation mit der TV-Fernbedienung ohnehin nicht geeignet.

Den nächsten Schritt der „Verheiratung“ von Fernsehen und Internet geht die Branche seit 2009: HbbTV, Mitte 2010 von der ETSI standardisiert, soll Fernsehprogramme und begleitenden Inhalte aus dem Internet zusammenführen. Dazu mehr auf den HbbTV-Seiten.

Weitere Informationen:
dehnmedia-Meldung: Hintergrund zu MHP in Österreich (17.6.2011).
dehnmedia-Meldung: ORF stellt Multitext ein (24.5.2011).
DVB-Projekt und GfK: Verkaufszahlen für MHP-Geräte.
Multitext-Info für Österreich.



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