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5 Jahre ASO

Logo Überallfernsehen Berlin war die weltweit erste Region, in der der ASO - der Analog Switch Off - Wirklichkeit wurde. Am 4. August 2003, neun Monate nach dem Betriebsbeginn der ersten DVB-T Sendeanlage in Deutschland, ging der letzte analoge TV-Sender in der Region vom Netz. Fünf Jahre danach - und kurz vor dem ASO in der ganzen Republik - hier einige Gedanken zum Stand von DVB-T in Deutschland.

„Überall-TV (1)“.
Natürlich, mit DVB-T kann man überall und mit wenig Aufwand (Antenne, Empfangsgerät) fernsehen. So neulich in Berlin Mitte, als die Türkei Kroatien aus der Fußball-EM kickte: Irgendwo auf dem Hinterhof eine kleine Antenne und eine Settopbox, die während einer Firmenparty drei Fernseher speiste. Alles kein Problem.
„Überall-TV (2)“.
Wunderbar, so ein Fernseh-Handy. Mal schnell gucken, was die Nachrichten sagen; Wartezeiten beim Arzt überbrücken, usw. Der Empfang ist zumeist gut (naja, ausser im Ubahn-Tunnel), wenn auch „händisch“ betrieben etwas wackelig. Auch entspiegelte Displays täten dem Verkaufsanliegen gut.
Empfangs-Ärger zu Hause.
Der private Fernseh-Alltag mag hier und da schwieriger sein als manche Idealisierung. Da lässt man schon mal die metallbeschichteten Rolläden runter und wundert sich über den miesen Empfang. Oder: Es gibt kein Bild, weil man die Antenne gerne unauffällig im Zimmer platzieren möchte, in der Schrankwand hinter dem TV. Natürlich, als Otto Normalzuschauer sinniert man nicht über Grundlagen der Physik und ihres Fachgebietes Nachrichtentechnik. In vielen Geschäften wäre daher, auch fünf Jahre nach dem Verkaufsbeginn, Beratung höchst angesagt - statt nur ein schnelles Geschäft machen zu wollen.
Empfangs-Ärger im Auto.
Sowas gibt's auch: Eine Geschichte, die das Leben schrieb. Ein Pariser Taxifahrer hat eine Heim-Box im Auto. Kaum zu glauben - das funktioniert in den Häuserschluchten super. Dann verschlägt's dem Kunden, einem bekannten DVB-Fachmann, die Sprache: Der Taxist schimpft wie ein Rohrspatz auf die Technik, weil das mobilitätsungeeignete Konstrukt über 80 km/h keinen Empfang mehr hat. Aber, aufgemerkt. Laut StVO hat der Fahrer während der Fahrt auf die Strasse zu achten, auch wenn die Topmodels nur über den Laufsteg schleichen.
Geräte-Auswahl.
„Zu wenig Geräte“ hieß es Ende 2002, als in Berlin alles begann. Richtig, so war das. Heute ist die „klassische“ Settopbox schon fast ein Auslaufmodell. Kaum einer der modernen Flachbild-Fernseher kommt ohne eingebauten DVB-T Empfang ins Haus. Die Auswahl an Tragbarem für unterwegs, Computerteilen, Recordern usw. ist riesig. Der Preisverfall ist enorm. Neuerdings stehen Multifunktions-Minis in den Läden: Die Fernseh-Uhr, der Navigatios-TV usw. Handys mit DVB-T Empfang konkurrieren mit Handys mit DVB-H Empfang. Einzig das vielfach gewünschte Fernsehen mit der SDIO-Karte für den PDA ist bislang auf der (Stromverbrauchs-) Strecke geblieben.
Zuschauerzahlen.
Die sollen, folgt man den Angaben der Landesmedienanstalten, in einigen Regionen wieder über 10 Prozent liegen. „Vor DVB-T“ waren es für die Antenne im Bundesschnitt um fünf Prozent. Vor allem dort, wo die Privaten nicht mitmachen, ist die Zuschauerzahl für DVB-T weiterhin eher gering. 12 Programme statt drei - das ist für viele interessant. DVB-T in der Fläche mit Privatsendern wäre wirklich attraktiv. Gleichwohl sollen bis Jahresende 9 Mio. Geräte verkauft werden. Eine nicht zu interschätzende Rolle dabei spielen, neben Computer-Sticks, die schon genannten Fernseher (auch wenn deren hohe und steigende Zahl ein schiefes Bild über die tatsächliche Nutzung der Empfangswege ergeben kann). .
Private in der Fläche.
Da wurde ab Mitte 2005 viel heiße Orakel-Luft umgewälzt. Einige Landesmedienanstalten verursachten mit ihren Andeutungen, RTL und Pro7Sat1 könnten in weiteren Gebieten einsteigen, jede Menge Illusionen. Die zerstoben schneller, als das gesagt wurde: Den Sendern war das bescheidene Zuschauerpotenzial bekannt, sie rechneten sie gegen die Verbreitungskosten. Und winkten erwartungsgemäß ab. Lediglich RTL soll „Interesse“ für einige Regionen geäußert haben, was wiederum nur in Äußerungen einiger Landesmedienanstalten überliefert ist.
Lokale Netze.
Eine gute Idee: Beim Leipziger Lowpower-Netz helfen ein neuer Netzbetreiber und neue Technik, die Verbreitungskosten zu drücken. Das macht DVB-T attraktiv für Lokalsender. Nur: Wo gibt es schon genug Lokal-TV und Lokal-Radio um einen Multiplex zu füllen? Also stopfen in Leipzig auch Bibel-TV, Radio Horeb und BBC World das Funk-Loch. Wörtlich lokal wird die Technik inzwischen beim Fan-TV großer Motorsport-Events benutzt.
Besserer Ton.
Der als Werbeargument für das digitale Fernsehen gebrauchte Dolby wurde still und heimlich beerdigt. Das ZDF verkündete im August 2007 die Aufschaltung seines Infokanals im DVB-T Paket. Was nicht laut gesagt wurde, fand sich später an anderer Stelle im Internet: Da „trotz Herausnahme des ZDFdigitext noch nicht genügend Bandbreite für die Verbreitung eines weiteren Programms“ vorhanden war, wurde „die bisherige AC3-Datenrate für die Verbreitung des ZDFinfokanal“ genutzt. ARD, Pro7 und Sat1 verzichteten ebenfalls und eher klammheimlich zugunsten der Videobandbreite auf den 5.1-Sound. Gutes Bild versus guter Ton?
Interaktives Fernsehen.
Jetzt wird das Fernsehen auch noch interaktiv. Stichwort: Multimedia Home Platform (MHP). Aber die Privaten stiegen schon vor dem DVB-T Start aus ihren MHP-Projekten aus. Im Kampf um die Bilddatenrate verbannte das ZDF 2007 seinen Digitext von der terrestrischen Sendestrecke. MHP-Anwendungen der ARD gibt es nur noch in einzelnen DVB-T Gebieten. Eher kein Verlust - der aufgehübschte Videotext war nett anzusehen, brachte aber nicht mehr als sein klassischer Vorgänger. Und wurde daher nicht angenommen. MHPfähige Geräte kamen bei uns nur in „homöopathischen Dosen“ in die Läden, DVB-T Heimtechnik gab es dafür nur von einem kleinen Hersteller.
„Update over the Air“.
In den DVB-T Frühzeiten war das durchaus ein Thema und gelegentliches Werbeargument. Dafür wurde extra eine Technik-Vorschrift entwickelt. Was guter Digital-Satelliten Alltag ist, erwies sich über Antenne als Gegenstand zweijähriger Querelen hinter den Kulissen. Als einziger bundesweit einheitlich verbreiteter Multiplex wäre das ZDF-Paket für die Verbreitung der Daten in Frage gekommen. Das ZDF verlangte Sicherheiten, um die Huckepack-Vebreitung von Werbung auf seinen Transportwegen zu verhindern. Als das geklärt war, wurde es still ums Thema. „Informierte Kreise“ erkläre, horrende Kostenforderungen des ZDF hätten die Einführung letztlich verhindert. So wurde diese Chance mit dem wirklichen guten und verbraucherfreundlichen Digital-„Feature“ vertan.
VPS.
Die Diskussion um das Fehlen der bekannten analogen Videorecordersteuerung scheint vom Tisch zu sein. DVB-Geräte mit integrierter Aufnahme (auf Festplatte oder DVD) lassen sich über die EPG-Daten steuern. Wenns die Software hergibt auch zeitgerecht bei Sendungsbeginn und -ende.
Online durch die Luft.
Ein erster Versuch, eine breitbandige Internetverbindung im UHF-Frequenzband zu etablieren scheiterte 2005. Jetzt wollen die Landesmedienanstalten die „digitale Dividende“ - den Gewinn an Frequenzen durch die Digitalisierung - in Richtung Internet umnutzen. Besonders gut dürfte das auf dem „flachen Land“ klappen, wo drei UHF-Kanäle für die Privaten vorgehalten, aber von denen nicht beansprucht werden. Und genau in diesen Gebieten ist die Internet-Versorgung lückenhaft. Damit werden dem Rundfunk letztlich Kapazitäten weggenommen und den Telekommunikationskonzernen übergeben, die Landesmedienanstalten setzen sich mit solchen Projekten zwischen die Interessen-Stühle. Wenig bekannt ist, dass auch der Mikrofonfunk - der für die TV-Produktionen und Bühnenveranstaltungen jeglicher Größe und Art nicht mehr wegzudenken ist - im UHF-Band angesiedelt ist. Und zwar in dem Bereich, den die Landesmedienanstalten für das Internet haben wollen und den die EU sogar versteigern will. TV- und Eventproduktionen fürchten nun, einen hohen Preis für diese Frequenzplanungen zahlen zu müssen.
Danke, Europa.
Die EU-Kommission ging in zwei Fällen juristisch gegen DVB-T in Deutschland vor. Europa störte sich an der Start-Förderung in Berlin und NRW. Mit den Geldern würde letztlich Deutschlands (aus historischem Grund) nun mal einziger Betreiber für DVB-T Netze (Media & Broadcast, damals noch Teil des Telekom-Konzerns) subventioniert. Die (vergleichsweise bescheidenen) Förderungen der Landesmedienanstalten sollten die Privaten zum Mitmachen bei DVB-T ermuntern. Rechtsverfahren laufen - und bis zu den Urteilen wird es noch ein paar Jahre dauern.
Party am „Alex-Grill“.
Ein super PR-Schuß in die Warmwasserbeleuchtung. Wenn sie irritierte Leute sehen, die offenen Mundes über den Berliner Alexanderplatz spazieren, sind das vielleicht die Schöpfer einer PR-Lüge. Aufgrund der hohen Sendeleistungen für DVB-T könnte man in Berlins Mitte Tauben grillen, hatten sie (wohl von auftraggebenden Kabelnetzern ermutigt) behauptet. Die Taube ist eine Ente. Die Tatsachen belegen das Gegenteil. So arbeitete der Sendekanal 27 für die ARD analog mit 1.000 Kilowatt Sendeleistung, digital wird er mit 180 kW betrieben. Das ZDF strahlte analog mit 500 kW aus, digital nur noch mit 70 kW. Bei der DVB-T Versorgung in der Fläche kann auf die meisten Füllsender verzichtet werden. Das macht die Technik effizienter und umweltfreundlicher. Fühlen Sie bitte Sympathie mit den netten Leuten in der Bratvogel-Einflugschneise! Übrigens: Der offenkundige Erfinder der Tauben-Ente, der auch als PR-Mann eines Kabelnetzer-Verbandes aufgetreten ist, hat inzwischen die von ihm benutzten angeblichen Zitate nicht namhaft gemachter „Experten“ von seiner Website entfernt. Gebratene Tauben fliegen halt nicht jedem in den Mund ...
In diesem Sinne:
Danke für Ihr Interesse an dieser Seite und ... auf zur Grillparty.

Berlin, im August 2008



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