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Parteivertreter in Kontrollfunktionen (5/5) | |
Mindestens genauso falsch wie die Kontrolle einiger Landesmedienanstalten durch die jeweilige Landesregierung ist die Vertretung des Privatfunks in Gremien, die Rundfunkbetriebe, ob private oder öffentlich-rechtliche, kontrollieren sollen. Umgekehrt geht es auch: Offenkundige Lobbyleute werden an die Spitze der Medienpolitik eines Bundeslandes gestellt. Hier einige Beispiele für solche - ganz legalen - Ungereimtheiten.
Bayern: Privatfunker kontrolliert öffentlich-rechtliche Anstalt
Zu den Aufgaben eines Rundfunkrates gehört u.a. die Beratung des Intendanten in Programmangelegenheiten und die Überwachung der Einhaltung von Grundsätzen und Richtlinien der Tätigkeit des Senders. Art 5a des Landesrundfunkgesetzes enthält umfangreiche Regelm, wer dem Rundfunkrat nicht angehören darf. Auch dort fehlt ein Ausschluß von Personen, die für die Konkuirrenz - in der privaten Medienwirtschaft - tätig sind.
Zu diesem Personenkreis gehört zweifellos Helmut Markwort, der nach den Bayern-Wahlen 2019 mit einem FDP-Ticket und der Landtagsmehrheit als Rundfunkrat installiert wurde. Herr Markwort ist als Gründer der Zeitschrift Focus bekannt. Er ist u.a. finanziell an den Radiosendern Radio Gong und Antenne Bayern beteiligt, die über diverse Beteiligungen vielfältig mit anderen Radioveranstaltern - auch über Bayern hinaus - verbunden sind.
Die Ernennung Markworts rief den Rundfunkratsvorsitzenden Lorenz Wolf auf den Plan. In einem Schreiben an den Landtag des Freistaates stellt er u.a. fest, „dass Mitglieder des Rundfunkrats zur Erfüllung ihrer Aufgaben umfangreich Auskünfte verlangen und Einsicht in Unterlagen der Anstalt nehmen können“. Er forderte die Politiker auf, derartige Interessenkollisionen zu verhindern. Dies soll geschehen durch Aufnahme von Befangenheiten und Karenzzeiten sowie den Ausschluß des Verbandes der Zeitungsverleger (auch die Verlage betreiben umfangreiche Radioaktivitäten) in die Besetzungsregeln des Rundfunkrates.
Lorenz scheiterte allerdings mit dem Versuch, eine Rücknahme der Landtags-Entscheidung zu erreichen.
NRW: Präsident des Verlegerverbandes als medienpolitischer Bestimmer
Die 2017 in NRW gewählte CDU/FDP-Regierung ernannte Stephan Holthoff-Pförtner (Foto) zum u.a. für die Medienpolitik des Landes verantwortlichen Staatssekretär. Dass der „Kohl-Anwalt“ Gesellschafter der Funke-Gruppe, eines der größten deutschen Medienunternehmens ist, störte den Ministerpräsitenden Laschet ebensowenig wie die teils mehrheitlichen Beteiligungen der Funkegrupe u.a. an 11 der 44 Lokalradios im Bundesland. Der Deutsche Journalistenverband kommentierte: „Der Miteigentümer der WAZ, die in ihrem Verbreitungsgebiet Monopolist ist, kämpft also künftig für den Erhalt von Zeitungstiteln und redaktionellen Arbeitsplätzen?“ In dieser Landesregierung ist mit dem Verkehrsminister Hendrik Wüst der vorherige Geschäftsführer des NRW-Zeitungsverlegerverbandes tätig. Wie in allen Bundesländern auch verantwortet in NRW seither der Chef der Staatskanzlei die Medienpolitik des Landes.
Dass Holthoff-Pförtner das Medienressort nach wenigen Monaten auf erheblichen öffentlichen Protesten gegen den Lobby-Minister abgegeben musste, stört die deutlich der Zeitungsverlagen und ihren Radiogeschäften zugewandte Medienpolitik der Landesregierung nicht.
Böcke als Gärtner?
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