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Rundfunkbeitrag: Nach dem BVerfG-Urteil von 2021 | |
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer 2021 einmal mehr die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von politischen Zielsetzungen deutlich machen müssen. Nach der Blockade durch Sachsen-Anhalt setzte das Gericht den 1. Medienänderungsstaatsvertrag mit der Beitragserhöhung numehr ab August 2021 - und damit die Beitragserhöhung auf 18,36 Euro monatlich - in Kraft. Im 23. Bericht sieht die KEF diesen Vorschlag des 22. Berichts bestätigt.
KEF bestätigt ihre Berechnungen
Turnusgemäß übergab die KEF ihren 23. Bericht zur Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio für 2021 bis 2024 am 18. Februar 2022 an die Bundesländer. Die 16 Spezialisten sehen ihren zwei Jahre zuvor formulierten Vorschlag bestätigt, die Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro auf 18,36 Euro monatlich zu erhöhen. Bei den neuen Berechnungen haben sie - wie immer - aus den Budgetanmeldungen der Sender Ausgaben gestrichen und spekulieren mittels „Ertragszuschätzungen“ um höhere Einnahmen.
Nach Streichung von 1,58 Mrd. Euro aus den Budget-Anmeldungen verbleiben den Anstalten im Vierjahres-Zeitraum 38,8 Mrd. Euro. Die neun ARD-Anstalten teilen sich 27,65 Mrd. Euro, auf das ZDF entfallen 10,06 Mrd. Euro und auf Deutschlandradio 1,05 Mrd. Euro.
Laut KEF ergibt sich daraus ein Mehrbedarf 139,2 Mio. Euro. Dieser sei - samt dem Beitragsausfall von 224,3 Mio. Euro - durch zusätzlich verfügbare 540,1 Mio. Euro gedeckt.
Im 24. Bericht will die KEF u.a. zusätzliche Kosten infolge von Corona und Anderes berücksichtigen, deren Höhe im Laufe des Jahres 2021 zwangsläufig nicht abschließend berechnet werden konnte.
Rundfunkpolitik: DAB+ im 23. KEF-Bericht
Seit dem 20. KEF-Bericht von 2016 fordert die KEF die Reduzierung der Ausgaben für die terrestrische Radioverbreitung. Ihr Ziel ist es, diese Kosten bis Ende 2029 auf die Kosten von DAB+ zu drücken. Dies geschieht, indem die KEF die geplanten Ausgaben für UKW und DAB+ addiert und die Summe so kürzt, dass das Ziel erreicht werden kann.
Die KEF ignoriert dabei jedoch das medienpolitische Umfeld. Das wird dadurch bestimmt, dass die Privatradios im Fall einer UKW-Abschaltung gravierende Hörerverluste - und damit geringere Werbeeinnahmen - befürchten. Das mündet in deren konsequente Weigerung, gemeinsam mit allen Playern eine Strategie zum Umstieg von UKW auf DAB+ zu erarbeiten.
Obwohl die Haushalts- und Autoausstattung mit DAB+-Radios seit dem Neustart von 2011 erheblich gestiegen ist, muss die KEF im 23. Bericht einräumen: „Es ist derzeit noch immer nicht absehbar, wann der teure Simulcast UKW/DAB+ beendet werden kann“. Dennoch drängt die KEF ARD und Deutschlandradio in eine Position, gegen den Markt auf UKW zu verzichten und damit Hörerschaft und Legitimation zu verlieren (was die Privatradios freuen dürfte).
Unterschiedliche Strategien von ARD und D-Radio
Insgesamt haben sowohl der UKW/DAB+-Simulcast als auch Veränderungen nach dem Verkauf der UKW-Sendetechnik von Media Broadcast die Radio-Verbreitung verteuert, stellte die KEF fest. Dazu kommt die bis Juli 2021 ausgebliebene Erhöhung des Rundfunkbeitrages, die ARD, ZDF und Deutschlandradio 224,3 Mio. Euro kostete. Was DAB+ betrifft zitiert die KEF aus den Anmeldungsunterlagen der Anstalten. Dabei sind gegenläufige strategische Überlegungen zur UKW-Abschaltung erkennbar.
Bis Ende 2021 hatte Deutschlandradio elf UKW-Füllsender in DAB+-Regionen abgeschaltet. Man wolle ab 2021 zwar den DAB+-Ausbau weiter in Richtung Flächendeckung betreiben, aber das Tempo reduzieren, faßt die KEF strategische Überlegungen der Anstalt zusammen:
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Im Übrigen sehe man in der derzeitigen medienpolitischen Diskussion leider keine Perspektive mehr, die UKW-Versorgung bereits kurz- bis mittelfristig vollständig einstellen zu können. Deshalb werde Deutschlandradio bis auf Weiteres eine Grundversorgung in Ballungsräumen und durch besonders leistungsstarke UKW-Sender vorhalten müssen, um nicht einseitig an publizistischer Reichweite zu verlieren. Dies führe dazu, dass nicht mehr im bisher vorgesehenen Umfang UKW-Sender aufgegeben und die so eingesparten Mittel für den Ausbau der DAB+-Versorgung eingesetzt werden könnten.
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| (23. KEF-Bericht, Seite 45). |
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Die deutliche Erhöhung für DAB+ resultiert aus der Überführung des bisherigen DAB+-Entwicklungsprojekts ab 2021 in den Bestand. (KEF-Grafik klickbar). |
Durch die Blume wird deutlich, dass Deutschlandradio sich nicht in der Lage sieht, den Auflagen der KEF zu folgen. Wie sich das auf den Sendenetzausbau des ersten Bundesmux auswirkt, bleibt abzuwarten.
Die ARD hatte zu einem UKW-Ausstieg bisher nichts verlauten lassen. Nun zitiert die KEF ausderen Unterlagen die Bemerkung, dass „bis Ende 2024 'die punktuelle Überprüfung von UKW-Bedarfen in besonderen Regionen erfolgen soll'“. Die ARD will also offenbar die von D-Radio jetzt gebremste Strategie aufgreifen. Auch hier bleibt aber der Umfang der Planungen offen.
Ohne das zu belegen, zeigt die KEF außerdem nach Süden: „In Bayern finden erste Gespräche statt, um mit der Umstellung auf rein digitale Verbreitung beginnen zu können.“ Hintergrund dessen ist der Fakt, dass im Freistaat (abgesehen von den BR-Wellen) alle privaten UKW-Radios seit April 2021 im Simulcast auf DAB+ und UKW senden.
Die KEF hat der ARD im 23. Bericht 15,2 Mio. Euro für die terrestrische Radioverbreitung gestrichen, um die kalkulierten Gesamtkosten für die Terrestrik nach dem zuvor genannten Prinzip zu kürzen. Für DAB+ bleiben damit 98,9 Mio. Euro. Auch dem Deutschlandradio werden 15,4 Mio. Euro gestrichen. Dort
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liegt die angemeldete Kostensumme für 2021 bis 2024 bei 137,4 Mio. €. Die von der Kommission in ihrem 20. Bericht ermittelte Zielgröße beträgt für die Periode 2029 bis 2032 95,9 Mio. €. Der angemeldete Betrag liegt damit um 41,5 Mio. € über diesem Wert. In ihrem 22. Bericht hatte die Kommission für 2021 bis 2024 122 Mio. € anerkannt. Die Kommission mindert daher den angemeldeten Aufwand für die terrestrische Programmverbreitung für 2021 bis 2024 um die Differenz zu dem im 22. Bericht anerkannten Beitrag, also um 15,4 Mio. €.
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| (23. KEF-Bericht, Tz. 145). |
Es wird deutlich, dass die Verbreitungskosten nicht auf der Grundlage einer notwendigen Versorgung, eines sinnvollen Ausbaus der DAB+-Netze usw. beruhen, sondern auf einem Wunschdenken außerhalb der Alltags-Realitäten des Hörfunks.
Exkurs 1: Doppelstrukturen in der ARD
Dass es in der sog. Strukturdebatte in Wirklichkeit um einen massiven Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht, zeigen Äußerungen aus CDU und CSU - nicht erst von Anfang 2021: „Wir unterstützen den Vorschlag von Staatsminister Rainer Robra, langfristig den Sender ‚Das Erste‘ als eigenständigen Kanal abzuschaffen.“ Der Medienpolitik-Sprecher der sachsen-anhaltinischen CDU-Landtagsfraktion Markus Kurze weiß natürlich, dass das ein medienpolitisches „Fernziel“ ist. Er und seine Parteifreunde wissen natürlich auch, dass sie dieses Ziel mit der oppositionellen AfD teilen.
Horst Seehofer sah das 2016 nur graduell anders. Er forderte „die Zusammenlegung von ARD und ZDF unter einem Dach“. Ziel sei es, Doppelstrukturen zu beseitigen, gab sich der CSU-Chef populär.
Wie sich die CDU verhält, wenn Doppelstrukturen beseitigt werden sollen, demonstrierte der MP des Saarlands Tobias Hans (CDU) im Januar 2021: SWR-Intendant Kai Gniffke hatte dem chronisch unterfinanzierten Saarländischen Rundfunk vorgeschlagen, nichtredaktionelle Overhead-Funktionen wie Produktion, Justiziariat und Verwaltung gemeinsam zu betreiben. Der SR und die Saar-Landesregierung wiesen das brüsk zurück. Das kommentiert eine regionale Online-Plattform: „Wenn Ministerpräsident Tobias Hans „Mein Land – mein Sender“ sagt, meint er es auch so.“
Eine engere Zusammenarbeit im Backoffice-Bereich wäre natürlich auch für den zweiten kleinen ARD-Sender sinnvoll: Radio Bremen wird, wie der Saarländische Rundfunk, durch Zuschüsse der anderen ARD-Anstalten in Millionenhöhe am Leben erhalten.
Exkurs 2: ARD-interner Finanzausgleich
Vor dem Hintergrund dieser Debatte um Kooperationen der ARD-Anstalten werden hier die finanziellen Hilfen der anderen ARD-Sender für den Saarländischen Rundfunk und Radio Bremen dargestellt. Der sog. Finanzausgleich ist in den Rundfunk-Staatsverträgen und Weiteres ARD-intern geregelt. Die ab 2017 vereinbarte Anhebung des Finanzausgleichs auf 1,6 Prozent der Beitragsaufkommens der anderen sieben Landesrundfunkanstalten reichte nicht aus, „auch weil andere Ausgleichsmaßnahmen reduziert wurden“, konstatiert die KEF im 23. Bericht. Daher wurde im 1. Medienänderungsstaatsvertrag die Aufstockung auf 1,7 Prozent ab 2021 dann ab 2023 auf 1,8 Prozent der Beitragseinnahmen vereinbart.
Im 22. Bericht hatte die KEF den Ausgleichsbetrag auf 359,91 Mio. Euro in den Rundfunkbeitrag kalkuliert. Im 23. Bericht steigt dieser Betrag auf 408,08 Mio. Euro. Die Anteile der anderen sieben ARD-Anstalten werden intern festgelegt.
Jedoch bleibt es nicht dabei: Die KEF stellt im Abschnitt 2.2 des 23. Berichts weitere Vereinbarungen dar, die RB und SR finanziell entlasten. U.a. wird jährlich ein „Tatort“ jeder Anstalt zu 90 Prozent durch die ARD-Produktionstochter Degeto finanziert. Das sind weitere Leistungen der Schwesteranstalten im Wert von 1,6 Mio. Euro je Krimi. Die Summe |
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Die ARD hilft SR und RB. Grafik (klickbar): KEF. |
dieser und ähnlicher Leistungen gibt die KEF mit 17,52 Mio. Euro (2017 bis 2020) bzw. 31,85 Mio. Euro (2021 bis 2024) an. Desweiteren erhielt der SR zwischen 2013 und 2016 einen Kredit von 4,9 Mio. Euro, dessen Rückzahlungen verschoben wurden. Radio Bremen bekommt bis Mitte 2026 eine sog. Strukturhilfe von jährlich 1,217 Mio. Euro.
Alle Leistungen der ARD für die beiden „Kleinen“ beliefen sich nach KEF-Berechnung im Beitragszeitraum von 2017 bis 2020 auf 386,9 Mio. Euro. Für 2021 bis 2024 setzt die KEF den Bedarf auf 444,01 Mio. Euro an.
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